Sonderbedarfszulassung

Bestehen in einem gesperrten Planungsbereich trotz rechnerischer Überversorgung lokal oder qualitativ Versorgungsdefizite, kann als Instrument der Feinsteuerung der Sonderbedarf nach § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V in Verbindung mit den §§ 36, 37 Bedarfsplanungs-Richtlinie (BPRL) – als Zulassung oder Anstellung – angewandt werden. Über das Instrument des Sonderbedarfs können Ärzte und Psychotherapeuten in den sog. gesperrten Gebieten eine Zulassung oder eine weitere Anstellungsgenehmigung erhalten.

Die Feststellung eines Sonderbedarfs setzt einen bestehenden lokalen (§ 36 BPRL) oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf (§§ 36 und 37 Abs. 1 bis 3 BPRL) voraus. Voraussetzung für eine Sonderbedarfszulassung wegen eines zusätzlichen lokalen Sonderbedarfs ist nach § 36 Abs. 4 S. 3 BPLR, dass ein zumutbarer Zugang der Versicherten zur vertragsärztlichen Versorgung nicht gewährleistet ist und Versorgungsdefizite bestehen.

Wenn die in dem betreffenden Planungsbereich zugelassenen Vertragsärzte und Psychotherapeuten die ärztlichen Tätigkeiten des qualifizierenden Inhalts nicht oder nicht ausreichend anbieten, ist ein qualifikationsbezogener Sonderbedarf festzustellen, § 37 Abs. 1 BPRL.

Dabei steht den - für die Feststellung eines Sonderbedarfs - zuständigen Zulassungsgremien bei der Beurteilung, ob bzw. inwieweit die bereits zugelassenen Ärzte und Psychotherapeuten eine ausreichende Versorgung gewährleisten ein Beurteilungsspielraum zu, der nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist.

In seiner Entscheidung vom 17.03.2021 (Az.: B 6 KA 2/20) hat das Bundessozialgericht (BSG) Feststellungen dazu getroffen, wie ein Sonderbedarf ermittelt werden muss. Danach sei in erster Linie zu untersuchen, ob überhaupt ein weiterer Versorgungsbedarf bestehe. Des Weiteren sei zu prüfen, ob andere Praxen die Versicherten versorgen können und ob diese für die Versicherten in einer zumutbaren Fahrtzeit zu erreichen seien. Das BSG hält dabei Fahrzeiten von rund 45 Minuten zu einem Arzt der spezialisierten fachärztlichen Versorgung für zumutbar. In ländlichen Gebieten sei auf die Zeit abzustellen, die bei einem Aufsuchen der Praxis mit dem Pkw benötigt werde.  Versorgungsangebote von Praxen in benachbarten Planungsbereichen können berücksichtigt werden. Dabei habe der Zulassungsausschuss aber genau zu prüfen, ob diese Praxen nicht ausschließlich den Bedarf in ihrer eigenen Region abdecken. Bzgl. der vorhandenen Kapazitäten seien bereits zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Ärzte und MVZ zu befragen.  Ihre Angaben seien anhand der Fallzahlen der Praxen zu verifizieren. (Weitere hilfreiche Urteile: BSG, Urteil vom 06.04.2022, Az. B 6 KA 7/21 R; LSG NRW, Urteil vom 11.05.2022, Az. L 11 KA 17/20; BSG, Urteil vom 02.09.2009, Az.: B 6 KA 21/08 R).

Ein entsprechender Antrag auf Genehmigung einer Sonderzulassung sollte daher sorgfältig vorbereitet und begründet werden, um den Versorgungsbedarf in der durch den Zulassungsausschuss durchzuführenden Bedarfsprüfung belegen zu können. Insbesondere ist hierfür die Einsicht in die Verwaltungsakte des Zulassungsausschusses vonnöten. Hierbei sollten Sie sich sinnvollerweise rechtsanwaltlich vertreten lassen.

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