Gutachten

Die meisten Kunstfehler werden in der Praxis als nicht grobe Behandlungsfehler definiert. Wer stellt aber fest, ob eine Behandlung fehlerhaft war? Das ist eine Frage, die oft nicht eindeutig zu beantworten ist und seitens eines Laien, gleich ob Patient, Rechtsanwältin oder Richter nicht fachmännisch beleuchtet werden kann.

Aus diesem Grund ist es vonnöten einen Spezialisten zu befragen, bzw. ein fachärztliches Gutachten anfertigen zu lassen.

Fachärztliches Gutachten

Ein fachärztliches Gutachten ist für die Anwältin wichtig, um die Erfolgsaussichten des Falles einschätzen zu können. Mittlerweile ist es für die Patientenseite relativ leicht ein solches Gutachten kostenlos zu erhalten. Wenn Sie gesetzlich versichert sind, wird Ihre Krankenkasse bei einem begründeten Verdacht auf einen Behandlungsfehler den Medizinischen Dienst (MD) mit einem Gutachten beauftragen. Ihre Krankenkasse hilft Ihnen daher, wenn der Schaden im Rahmen einer Kassenleistung entstanden und noch nicht verjährt ist. Die gesetzlichen Krankenkassen sind nämlich gem. § 66 SGB V verpflichtet, Sie bei der Beantwortung dieser Frage zu unterstützen. Bei Privatversicherten gilt dies nicht uneingeschränkt, private Krankenversicherer sind in Bezug auf die Verpflichtung, ihre Mitglieder bei Verdacht auf einen Behandlungsfehler zu unterstützen nicht gesetzlich gebunden. Dennoch machen viele private Krankenversicherungen mit und unterstützen ihre Mitglieder ähnlich wie die gesetzlichen Krankenkassen.

Wenn aber der Behandlungsfehler anlässlich einer medizinischen Behandlung nach einem Arbeitsunfall begangen wurde, ist die Berufsgenossenschaft der Kostenträger, sodass die Krankenkassen kein Interesse an der Erstellung eines Gutachtens haben und ihre Mitwirkung oft verweigern. In solchen Fällen bliebt dem Geschädigten die Möglichkeit, sich an die Gutachterkommission für Behandlungsfehler der Landesärztekammer zu wenden. Die Landesärztekammern haben Gutachterkommissionen oder Schlichtungsstellen eingerichtet, die Sie bei der Klärung eines Verdachts auf einen Behandlungsfehler unterstützen. Wer in Ihrem Bundesland für Sie zuständig ist, erfahren Sie auf der Homepage der Bundesärztekammer.

Die Gutachter- und Schlichtungsstelle kann immer angerufen werden, also auch dann, wenn die Krankenkasse das Gutachten nicht verweigert. Um ein Verfahren zu eröffnen, müssen Sie zunächst einen Antrag bei der Gutachter- und Schlichtungsstelle stellen. Allerdings wird das Verfahren erst eröffnet, wenn sich die Gegenseite mit dem Verfahren einverstanden erklärt. Ich entscheide immer strategisch individuell, welche Stelle mit der Erstellung des Gutachtens beauftragt werden soll, wobei ich mich in meiner Praxis zunehmend aus diversen Gründen gegen die Gutachter- und Schlichtungsstellen entscheide.

Beide Gutachten (ob Sie den Weg über die Krankenkasse oder über die Schlichtungsstelle nehmen) sind für Sie kostenfrei.

Bereits im Rahmen der Formulierung der klärungsbedürftigen Fragen an den Sachverständigen ist dafür Sorge zu tragen, dass diese auch den Besonderheiten des Arzthaftungsrechts entsprechen. So kann mit der richtigen Fragestellung bereits ausgelotet werden, ob möglicherweise Beweislastumkehr zu Gunsten des Patienten besteht.

An dieser Stelle ist zu betonen, dass ein außergerichtliches Gutachten (ein Gutachten des MD, der Gutachter- und Schlichtungsstelle oder ein Privatgutachten) keinen Beweis für das Vorliegen oder das Nichtvorliegen eines Behandlungsfehlers darstellt, sondern lediglich als Parteivortrag zu werten ist. Mit anderen Worten, wenn Sie ein außergerichtliches Gutachten haben, in dem ein Behandlungsfehler bestätigt wurde, ist die Gegenseite aufgrund dieses Gutachtes nicht verpflichtet für den Schaden einzutreten. Ein außergerichtliches Gutachten hilft Ihnen aber das Geschehen näher zu beleuchten, die Erfolgsaussichten einzuschätzen und ggf. eine Einigung mit der Gegenseite zu erzielen. Wenn es in der Folge zur Klageerhebung kommt, wird grundsätzlich ein gerichtliches Sachverständigengutachten erstellt.

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